Startschuss in die Neue Saison - Teil 2: Fortuna-Trainer Uwe Koschinat im Interview
Inwiefern verändern die Abgänge von Biada und Königs das Spiel der Fortuna nächste Saison?
Es wird nur mit mehr Balance gehen. Während der letzten Saison hatte ich oftmals das Gefühl, dass die Defensive sich auf die Offensive verlässt. Ich nenne mal das Spiel in Bremen als Beispiel: Bei einer Niederlage hätte bei uns allen noch einmal der Baum gebrannt. Nachdem wir mit 0:1 in Rückstand geraten sind, haben die Beiden allerdings ein Feuerwerk abgebrannt und das Spiel relativ schnell in unsere Richtung gedreht. Man darf also nicht vergessen, dass es nicht leicht wird Biada und Königs zu ersetzen. Zu sagen, dass wir dieselbe Saison wiederholen und schon zwei andere finden die 30 Tore schießen, wird nicht möglich sein. Dasselbe Ergebnis erzielen wir nur mit einer größeren defensiven Stabilität und da sind alle gefragt.
Kannst du angesichts der Abgänge der Beiden die Sorgen der Fans verstehen?
Ja total, die Sorgen teile ich ja! Ich werde mich nicht hinsetzen und sagen: „Gott sei Dank sind die beiden weg!“ Auf der anderen Seite muss man immer auch das große Ganze betrachten: Wir sind ein unternehmerisch geführter Verein. Dieses Ziel muss man immer neben der sportlichen Entwicklung betrachten, weil das nun einmal auch die Vorgabe unseres Geschäftsführers Michael W. Schwetje ist. Unter diesem Aspekt haben wir in diesem Jahr einen super Job gemacht, weil wir im Vergleich zu Anderen ein überschaubar teures Sturmduo hatten. Beide haben allerdings fantastisch gezündet und gehörten zu den Topduos der Liga. Das zeigt das gute Händchen bei der Personalauswahl. Schlussendlich konnten wir durch den Königs-Transfer einen Transfererlös erzielen. Wir wollen uns in kleinen Schritten weiterentwickeln und ich glaube da sind wir wirtschaftlich und sportlich auf einem sehr guten Weg.
Inwiefern kannst du dich mit diesem Weg der kleinen Schritte identifizieren?
Ich stehe voll und ganz hinter diesem Weg. Wir machen keine unvernünftigen Dinge und die Entscheidungen unseres Geschäftsführers trage ich voll mit. Ich glaube durch unsere solide und vernünftige Arbeit haben wir uns als Verein einen Namen gemacht für die Spieler, die einen Zwischenstep in ihrer Karriere einlegen mussten. Das sind Spieler, die anhand ihrer Grundqualität sich in der ersten oder zweiten Liga wiederfinden könnten, es auf dem ersten Bildungsweg jedoch nicht geschafft haben. Ich glaube, wenn wir uns sehr klar positionieren und beweisen sollten, dass es über diesen Weg geht, dann hat die Fortuna eine gute Zukunft und an daran arbeiten wir gemeinsam. Dies gelingt allerdings nicht durch riskante Personalentscheidungen. Das passt nicht zu unserer unternehmerischen Denkweise. So sehr ich da jeden Fan in seinen Emotionen verstehen kann, aber Fortuna Köln muss sich definieren über Entscheidungen von einer gewissen Vernunft. Wir haben eine klare Strategie, die wir über die ganze Saison leben.
Spürst du denn im Umfeld der Fortuna eine gewisse Selbstverständlichkeit für die 3. Liga?
Ich unterstütze jede Form von Emotionalität bei den Fans. Diese Emotionalität wollen wir hier bei der Fortuna ja auch alle haben. Mein Job ist es aber immer auch den Blick für die Realität zu bewahren. Ich glaube wenn wir in unserer Situation von einer permanenten Weiterentwicklung, wenn auch in kleinen Schritten reden, dann ist das Nichts, was kleinzureden ist in dieser 3. Liga. Ich glaube gerade mit unseren Möglichkeiten ist das etwas, was man schätzen sollte. Das werde ich so auch weiter vorleben und ich bin davon überzeugt, dass wenn ein Fan bei aller Emotionalität auch die 3. Liga insgesamt betrachtet, dann gibt es ganz viele Faktoren, die es wert sind, Fan von Fortuna Köln zu sein. Dazu gehört, dass wir unternehmerisch glaube ich absolut auf soliden Beinen stehen, das hier keine Abenteuer zu Lasten des Vereins eingegangen werden und das wir auch in schwierigen Phasen eine sehr kontinuierliche Personalpolitik haben. Das hat für mich auch etwas mit Identifikation zu tun und dieses Vertrauen gibt dir ein Spieler im Normalfall auch wieder zurück. Bei uns geht es kontinuierlich Stück für Stück voran. Ich sehe zum Beispiel auch im Sponsoring bei den mittelständischen Unternehmen einen wahnsinnigen Zuwachs und das bedeutet am Ende ja auch Identität mit dem Verein.
Wenn wir über Entwicklung sprechen: Wem traust du aus dem Kader denn in der neuen Saison den nächsten Schritt zu?
Ich lehne mich mal aus dem Fenster und sage, dass das Cauly Oliveira Souza sein kann. Nach zwei kompletten Profijahren und einer enormen Effizienz in der letzten Saison bin ich davon überzeugt, dass er ein Spieler sein kann, der diese 3. Liga prägen kann. Ich bin auch fest davon überzeugt, dass das sein eigener Anspruch ist und dass er zu einer sehr spieldominanten Persönlichkeit in der Liga werden kann. Darüber hinaus muss es mir gelingen, Spieler wie Dennis Engelman wieder auf ihr Topniveau zu führen und das kontinuierlich. Davon sind wir ein Stück weit abhängig. Außerdem erhoffe ich mir, dass Spieler wie Bösing, Schneider oder Koruk, in die wir bislang viel investiert haben, im nächsten Jahr den Schritt zu einem vollwertigen Drittligaspieler machen. Sie haben ihr Potential alle mehrfach angedeutet und müssen sich nun dauerhaft beweisen. Ich denke, dass es sich bei allen genannten Spielern ungemein lohnen wird, genauer hinzugucken. Dazu zählt auch ein Cimo Röcker, der hochbegabt ist und sich aus seinem Karriereknick rauskämpfen will. Wir fordern viel von ihm, aber ich sehe auch, wie viel er uns gibt und noch geben kann. Ich überzeugt, dass das alles Spieler sind, die überraschen und nahtlos in die Fußstapfen von Biada aus dem letzten Jahr oder Engelman aus dem ersten Jahr hineintreten können.
Wie schätzt du die 3. Liga in der neuen Saison abschließend ein?
Ich bin fest davon überzeugt, dass die Liga nicht mehr so eng sein wird. Es wird eine größere Diskrepanz zwischen den Mannschaften geben, die oben stehen und denen, die unten stehen. Die Mannschaftsstrukturen haben sich etwas verändert, sodass ich Stand jetzt glaube, dass die Spitze etwas breiter wird. Da werden dann wohl sechs, sieben Mannschaften auf Augenhöhe sein, aber keine so absolute Spitzenmannschaft mehr. Dann wird es ein nicht ganz so breites Mittelfeld geben und dann wohl eine hohe Zahl an Abstiegskandidaten. Unser Ziel muss es somit sein, sich von diesem Block immer so weit wie möglich weg zu halten.