Rückkehrer in der Defensive, Kammlott in der Offensive - Rot-Weiß Erfurt im Gegnercheck
Aktuelle Lage
Ähnlich wie die Fortuna, musste auch Rot-Weiß Erfurt am Wochenende eine herbe Schlappe hinnehmen. Nachdem es gegen die Sportfreunde Lotte lange nach einer torlosen Punkteteilung aussah, verlor man das Spiel auf den letzten Metern dann doch deutlich mit 0:3. Die Treffer für Lotte entstanden allesamt in den letzten fünfzehn Minuten. Zudem sah Erfurts Mittelfeldspieler Liridon Vocaj die gelb-rote Karte und wird den Thüringern am kommenden Samstag im Südstadion fehlen. Nach der Heimspielniederlage steht RWE auf dem 17. Tabellenplatz, nur einen Punkt vor Wiesbaden und zwei Punkte vor Zwickau auf den Abstiegsrängen. Zudem haben Wehen und der FSV ein besseres Torverhältnis als Erfurt. Einen schlechteren Tabellenplatz belegten die Rot-Weißen übrigens zuletzt am ersten Spieltag. Damals startete man anschließend eine Serie von fünf Spielen ohne Niederlage und arbeitete sich so auf den sechsten Rang vor. Eine solche Serie sehnt man sich wohl auch jetzt herbei. Zuletzt hat Rot-Weiß mit einem Sieg gegen Frankfurt und einem Unentschieden gegen Aalen immerhin die Basis für eine Serie gelegt, ehe die Pokalhelden aus Lotte kamen. In den letzten zehn Spielen gelangen den Erfurtern insgesamt nur zwei Siege und zwei Unentschieden bei einem Torverhältnis von 6:15.
Abhängig von Carsten Kammlott
Vor allem die wenigen geschossenen Tore der Thüringer sind wenig vielversprechend für ein schnelles Ende der Krise. In Person von Carsten Kammlott hat der beste Erfurter Torschütze zwar gleich viele Tore wie Hamdi Dahmani, jedoch auch eine große Last auf seinen Schultern. Kammlotts Mitspieler treffen zu selten, der zweitbeste RWE-Torschütze ist Christoph Menz (zwei Treffer). Kammlott ist mit neun Treffern für 50 Prozent der Tore seines Teams verantwortlich und damit unentbehrlich für seine Mannschaft. Kein anderer Spieler hat einen derart hohen Toranteil vorzuweisen. In acht Spielen traf Kammlott bislang - Erfurt holte dabei 14 Punkte, nur zwei Partien verloren die Thüringer mit Toren des Stürmers.
Der 26-Jährige möchte den Erfurter Weg in jedem Fall weiter bestreiten und setzte mit seiner Vertragsverlängerung bis 2022 im Januar ein wichtiges Zeichen. Die Sturmpartner Tugay Uzan und Christopher Bieber konnten sich im Erfurter Doppelsturm aber bislang noch nicht in den Vordergrund spielen. So hängt in der Offensive von Trainer Stefan Krämer viel an Kammlott.
Möckel und Laurito melden sich zurück
Aufgrund der zweitschwächsten Offensive der Liga kommt Erfurts Defensive eine wichtige Rolle zu. Diese will besonders nach dem 0:3 gegen Lotte wieder zurück zu alter Stärke finden. Bis zum vierzehnten Spieltag kassierten nur sechs Mannschaften weniger Gegentore als RWE. In den letzten neun Spielen bekam aber kein anderes Team so viele Gegentreffer wie die Erfurter. Man sehnt die Rückkehr von André Laurito herbei. Der Innenverteidiger könnte mit seiner Präsenz und seiner Erfahrung zu einem wichtigen Faktor in der momentanen Situation werden. Bislang kam der 33-Jährige nur am 1. Spieltag zum Einsatz, ehe ihn Rückenprobleme zum Zuschauen zwangen. Am letzten Wochenende war Laurito aber erstmals wieder im Kader. Am Samstag könnte es gegen die Fortuna zum Comeback des Routiniers kommen. Zudem ist mit Jens Möckel ein weiterer Stabilisator in der Innenverteidigung seit dem Rückrundenstart zurück.
Die Erfurter 50-Punkte-Marke wackelt
Die Rückkehr von Möckel und Laurito erweitert für Trainer Stefan Krämer in jedem Fall den Handlungsspielraum. Bislang hat Rot-Weiß Erfurt die wenigsten Spieler eingesetzt: Nur 20 verschiedene Erfurter Spieler kamen in der laufenden Saison bisher zu Spielzeit - der geringste Wert der 3. Liga. Winterneuzugänge blieben bei den Thüringern aus. Die aktuelle Mannschaft soll es nun richten. Dabei setzt man auf Geschlossenheit: Von den sieben Saisonsiegen gelangen sechs mit nur einem Tor Unterschied. Fünfmal gewann Rot-Weiß Erfurt gar minimalistisch mit 1:0. Gerät man in Rückstand, tut sich RWE allerdings schwer: Elfmal lag man 0:1 hinten - zehnmal verlor man die Partie. So kämpft Erfurt in der engen 3. Liga um jeden Punkt. Als letztes Gründungsmitglied der Liga, das seitdem immer dabei war, will man wieder in der 3. Liga bleiben. Die Basis dafür waren in Thüringen immer mindestens 50 Punkte. Lediglich in der Saison 2012/13 holte man unter dem heutigen Nürnberger Trainer Alois Schwartz weniger. Aktuell hat man mit 26 Punkten gerade etwas mehr als die Hälfte von seinem Drittligaschnitt auf der Habenseite.
Im Fokus: Sebastian Tyrala
Es sind die besonderen Akteure, die es derzeit in Erfurt braucht. Mit Klewin hat man einen im Tor, mit Erb einen in der Abwehr, mit Kammlott einen im Sturm und mit Sebastian Tyrala einen im Mittelfeld. Tyrala wechselte als Elfjähriger zu Borussia Dortmund. In Dortmund entwickelte er sich schnell zum Ausnahmespieler im Jugendbereich. Schon mit 16 Jahren wurde Tyrala in den Bundesliga-Kader des BVB beordert. Der schnelle Sprung zum Bundesliga-Shootingstar blieb dem gebürtigen Polen jedoch aufgrund eines Kreuzbandrisses und einer Innenmeniskus-Verletzung verwehrt. Trotzdem gab Tyrala 2006 sein Bundesligadebut für Dortmund und nahm 2007 an der U19-EM in Österreich teil. Im Jahr 2008 gab er zudem sein Debüt für die polnische Nationalmannschaft - es sollte aber sein einziger Einsatz bleiben. Tyrala verletzte sich immer wieder, der Traum vom großen Sprung blieb ein unerfüllter. Über Osnabrück und Greuther Fürth ging es schließlich nach Erfurt. In seiner ersten Saison schoss er fünf Tore für die Thüringer, am Ende stand der achte Tabellenplatz. In dieser Saison kommt Tyrala bislang auf fünf Vorlagen, für einen Treffer hat es noch nicht gereicht. Vielmehr sorgt er für Struktur im Spiel der Erfurter. Der heute 28-Jährige kann der Mannschaft nicht nur mit seiner Kreativität und Erfahrung in der momentanen Situation weiterhelfen, sondern auch als Typ. Er ist immer wieder aufgestanden und auf den Platz zurückgekehrt, hat sich von Rückschlägen nicht aus der Bahn werfen lassen. Tyrala dürfte eine der Führungsfiguren für Erfurt im Kampf um den Klassenerhalt sein.