Heimstärke als Trumpf - Der SC Preußen Münster im Gegnercheck
Aktuelle Lage
31 von 41 Punkten zu Hause, sechs Spiele in Folge ohne Niederlage und dem Klassenerhalt ganz nah: Benno Möhlmann hat seine Mannschaft zurück in die Erfolgsspur gebracht. Gut sah es am Anfang jedoch nicht aus. Als der 62-Jährige die Münsteraner nach dem 13. Spieltag übernahm, standen die Adlerträger auf dem letzten Tabellenplatz – mit nur neun Punkten. Gerade im Bereich Fitness sah der erfahrene Übungsleiter (126 Erstligaspiele, 520 Zweitligaspiele) Verbesserungsbedarf: “Grundsätzlich braucht es selbst bei den besten Voraussetzungen für einen tollen Fußball die nötige Fitness. Wenn das nicht der Fall wäre, könnte ich gut und gerne auch selbst meine Schuhe schnüren“, sagte Möhlmann kurz nach seinem Amtsantritt. „In jeder Liga ist es wichtig, konditionell auf Augenhöhe mit den anderen Mannschaften zu sein“. Falsch kann der 62-Jährige nicht gelegen haben: Mit nun mehr 20 Zählern steht Münster auf Platz sechs der Rückrundentabelle, nur einen Punkt hinter ihrer eigenen Gesamtausbeute aus der Hinrunde – und das bei noch sechs zu spielenden Begegnungen.
Möhlmann versteht es, seine Spieler zu einer Einheit zu formen. So ernannte er kurz nach seinem Amtsantritt den lange verletzten Adriano Grimaldi zum Kapitän – der 26-Jährige zahlt es ihm mit Leistung zurück (sieben Tore, drei Vorlagen) und glänzt vor allem mit seinen Führungsqualitäten auf dem Platz. Auch der abgesetzte Ex-Kapitän Michele Rizzi überzeugt weiterhin als Leistungsträger und wichtiger Mittelfeldmotor bei den Münsteranern. Zuvor weniger berücksichtigte Spieler wie Sandrino Braun werden wieder an die Startelf herangeführt, Youngsters wie Tobias Warschewski oder Lion Schweers sind inzwischen fester Bestandteil der Profimannschaft. Die Stimmung im Team scheint von außen betrachtet so gut wie lange nicht. Münster überzeugt derzeit als Einheit, wie der jüngste Punktgewinn in Unterzahl bei Aufstiegsaspirant Holstein Kiel zeigt.
It’s Hammer-Straßen-Time!
Das liegt eben auch an der Heimstärke der Münsteraner: mit 31 Punkten aus 16 Spielen im Preußenstadion hat man nur gegenüber den beiden Aufstiegskandidaten Holstein Kiel und VfL Osnabrück (32 Punkte) das Nachsehen. Die Preußen haben die Hammer Straße zu einer Festung gemacht und so den Grundstein für den seit Möhlmanns Übernahme stetigen Aufwärtstrend gelegt. Denn während man zu Hause kaum noch verliert, sieht die Bilanz in der Ferne bescheiden aus: nur zehn Punkte aus 16 Spielen und Platz 20 in der Auswärtstabelle sprechen eine deutliche Sprache. Immerhin konnte man sich am vergangenen Spieltag ein 0:0 bei Holstein Kiel erkämpfen – das erste Auswärtsremis der Saison (drei Siege, 12 Niederlagen). Ohne die Hammer Straße wäre Münster wohl in einer deutlich unangenehmeren Situation. Das Preußenstadion hat einiges mitgemacht. 1926 eröffnet, im Zweiten Weltkrieg fast zerstört und wieder aufgebaut. Legenden wie Uwe Seeler, Wolfgang Overrath oder Stan Libuda spielten bereits in dem altehrwürdigen Stadion. Generationen von Münsteranern und Westfalen haben dort viele schöne, aber auch traurige Momente erlebt. Die Hammer Straße gehört einfach zum Verein dazu - und doch könnte die Zeit für Abschied bald gekommen sein.
Ausgliederung: Weg von der Hammer Straße?
Der FC Magdeburg hat es vorgemacht, in Stuttgart soll es bald passieren, auch der FSV Mainz 05 treibt die Planungen voran: Die Ausgliederung der Profiabteilung. Die Vorsitzenden von Preußen Münster machen keinen Hehl daraus, dass dieser Schritt „für die Professionalisierung zwingend erforderlich ist", so Frank Westermann, Aufsichtsratsvorsitzender des Vereins. "Wir haben uns dazu entschieden und das steht so“. Im Alleingang wird diese Wahl aber nicht getroffen. Zwar steht in den Satzungen des Vereins nichts von einer benötigten Mehrheit, bei weniger als 75-Prozentiger Zustimmung der Mitglieder würde der Vorstand diesen Schritt allerdings nicht gehen wollen. Für die sportliche und finanzielle Weiterentwicklung, die eine solche Ausgliederung im Idealfall mit sich ziehen würde, müsste Preußen aber ein großes Opfer bringen: Die Hammer Straße. Denn ein Ausbau des 15.000 Zuschauer fassenden Stadions ist auf Grund der Lärmschutzauflagen nur auf 20.000 Leute möglich – zu wenig für den ambitionierten Vorstand. Auch wenn eine Ausgliederung nicht zwangsweise einen Stadionneubau mit sich zieht, so ist dieser Schritt doch mehr als wahrscheinlich: „Es gibt eine enge Verbindung zwischen der Durchführung der Ausgliederung und dem Neubau eines Stadions. Kein ehrlicher Kaufmann in Münster möchte Profifußball an der Hammer Straße finanzieren, befürchte ich", so Präsident Strässer.
Es scheint also, als würde das Preußenstadion bald Geschichte sein, denn die Stadt ist nur zur Mitfinanzierung an einem neuen Stadion interessiert, wenn das Grundstück um und direkt an der Hammer Straße als Wohnbaugebiet benutzt werden kann. Ein paar Jahre haben die Fans der Adler in ihrem geliebten Stadion aber noch: Erst frühestens 2019 soll der Neubau in Münster beginnen.
Das sechste Duell in Liga drei
Zum sechsten Mal treffen die Fortuna und die Preußen in der 3. Liga aufeinander. Dabei sieht die Bilanz für die Münsteraner gut aus: in vier Spielen konnten die Jungs von der Hammer Straße gegen die Südstädter punkten, drei Mal sogar mit der Maximalausbeute den Platz verlassen. Die einzige Niederlage gab es vergangene Saison - Tore von Biada und Oliveira Souza reichten der Fortuna zu einem 2:1-Sieg. Im Hinspiel dieses Jahres konnten die Adler, trotz ihrer eklatanten Auswärtsschwäche, einen späten 1:0-Sieg im Südstadion einfahren – Benjamin Schwarz traf damals in der 78. Minute zum entscheidenden Tor.
Im Fokus: Jeron Al-Hazaimeh
Jeron Al-Hazaimeh ist ein gefragter Mann: Kein Akteur hat in den vergangenen Spielen so über die Ergebnisse seines Vereins entschieden wie der Linksverteidiger. Gegen Aalen (2:1) sowie gegen seinen Ex-Verein aus Lotte (1:0), erzielte Al-Hazaimeh jeweils das entscheidende Siegtor. Und wenn er vorne nicht trifft, dann eben hinten: Gegen Wehen Wiesbaden nickte der 25-Jährige ebenfalls zum entscheidenden 1:0 ein – allerdings in die eigenen Maschen. „Er trifft ja momentan oft, letzten Sonntag leider auch ins falsche Tor“, sagte Lion Schweers nach dem wichtigen 1:0-Sieg über die Sportfreunde im Spaß über seinen Kollegen, um dann schnell ernst hinterherzuschieben: „Ich gönne es ihm. Er ist ein feiner Kerl, ein guter Junge“.
Das zeigt Al-Hazaimeh auch abseits des Rasens: „Neben dem Platz bin ich ein spontaner Typ, der relativ offen und für jeden Spaß zu haben ist“, sagt der 25-Jährige über sich selbst. Ein besonderes Verhältnis hat der gebürtige Düsseldorfer zu Youngster Tobias Warschewski. „Da ich nie einen kleinen Bruder hatte, kann man Tobi als Ersatz sehen. Man muss den jungen Spielern unter die Arme greifen. Das wurde bei mir damals nicht so gemacht“. Der Linksverteidiger und der junge Mittelstürmer verstehen sich nicht nur auf dem Platz sehr gut, auch abseits des Rasens scheint es zu stimmen: So spielt der 25-Jährige auch gerne mal Taxi für den erst U-19-Nationalspieler, damit dieser danach in seine Heimat nach Dortmund pendeln kann. Seine Tore erzielte Al-Hazaimeh jüngst wiederrum mit den Schuhen von Stürmer Warschewski.
Begonnen hat Al-Haizameh seine Karriere in seiner Heimatstadt Düsseldorf. Bei der Fortuna durchlief er diverse Jugendmannschaften, schaffte sogar den Sprung zu den Profis. Mangels Einsatzzeit wechselte er 2013 zum Chemnitzer FC, doch der Start verlief alles andere als optimal. In der Sommerpause zog sich der Verteidiger eine Herzmuskelentzündung zu, fiel 182 Tage aus und verpasste 21 Begegnungen in der 3. Liga. Schon alltägliche Treppenläufe machten ihm zu schaffen. Dass Al-Hazaimeh noch mal so durchstarten würde, war lange Zeit nicht absehbar. Doch der 25-Jährige kämpfte sich zurück, landete nach dem CFC bei den Sportfreunden aus Lotte, die er mit seinen insgesamt zehn Saisontoren (sechs Elfmeter) zum Aufstieg und in den DFB-Pokal schoss. 2016 ging es nach Münster, hier fühlt der Linksverteidiger sich sichtlich wohl. In den vergangenen 18 Partien verpasste der 25-Jährige keine Sekunde. Seinen Wechsel an die Hammer Straße bezeichnet er als richtige Entscheidung: „Ich hätte es heute nochmal so gemacht. Man sollte im Leben grundsätzlich nichts bereuen“.