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FortunaTV: Der SC Paderborn - Flutlichspiel im Kampf um den Klassenerhalt

Fotograf: Florian Fischer

Der SC Paderborn befindet sich im freien Fall: Noch nie stieg eine Mannschaft im Profifussball in drei Jahren drei Mal ab. Helfen soll dabei der neue Trainer Steffen Baumgart, unter dessen Regie der SCP die letzten beiden Pflichtspiele gewinnen konnte. Am Freitag kann man die Fortuna noch einmal richtig unten reinziehen.

Aktuelle Lage

„Es sind noch 59 Stufen bis in Liga zwei“. Das waren die Worte von Wilfried Finke nach seiner Rückkehr als SCP-Präsident im Dezember 2016. Der 65-Jährige formulierte ein gewagtes Ziel: Noch 21 Spiele bis zum Klassenerhalt, dann sollte nach der Saison 2017/2018 der Aufstieg in die nächsthöhere Spielklasse klargemacht werden. Von diesem Ziel ist man in Ostwestfalen mittlerweile weit entfernt, denn bevor man an den Aufstieg in die 2. Liga denken kann, muss das Team um Torhüter Lukas Kruse zuerst den Abstieg in die Regionalliga verhindern. Diese Drittliga-Saison hat man sich in Paderborn wohl anders vorgestellt: Man steht mit 18 Niederlagen und 56 Gegentoren (Ligahöchstwert) nur auf dem 18. Tabellenplatz. Bereits drei Trainer standen diese Saison an der Seitenlinie des SCP: Rene Müller musste am 15. Spieltag gehen, als man im Spiel gegen die Sportfreunde aus Lotte mit 0:6 unterging. Nachdem Assistent Fulland interimsweise für zwei Spiele übernahm, wurde Stefan Emmerling von der U21 des 1. FC Köln verpflichtet. Viele Hoffnungen ruhten auf dem 51-Jährigen, die Bilanz war allerdings ernüchternd: Vier Siege, drei Remis und neun Niederlagen standen für den Übungsleiter zu Buche. Zwischenzeitlich blieb Paderborn sogar zehn Spiele in Folge ohne Sieg – es war die längste Sieglosserie der bisherigen Drittligasaison. Kurz nach der Verpflichtung von Vereinsikone und Rekordspieler Markus Krösche (354 Profispiele für Paderborn) als neuen Sportdirektor endete aufgrund ausbleibender Punkte auch die Zeit von Emmerling beim SCP. Den Klassenerhalt sichern soll nun Steffen Baumgart. Der 41-Jährige ehemalige Bundesligaspieler (224 Bundesliga –und 142 Zweitligaspiele) führte den Berliner AK vergangene Saison fast in die 3. Liga und gewann bereits seine ersten beiden Partien als Chefcoach der Paderborner. Neben dem Ligaerfolg gegen Lotte (3:1) zog man im Westfalenpokal durch einen glücklichen 2:1-Sieg nach Verlängerung gegen Regionalligist Sprockhövel ins Finale ein. Am Freitag will der SCP mit einem Sieg, zumindest vorübergehend, von den Abstiegsplätzen springen.
Egal wer gewinnt, es wäre eine Premiere: Bei bisher drei Begegnungen gab es zwischen den beiden Vereinen drei Punkteteilungen. Ein Unentschieden wird dem SCP aber wohl nicht reichen, denn im Abstiegskampf müssen Siege her. Paderborn versucht weiterhin den dritten Abstieg in drei Jahren zu verhindern – es wäre eine Premiere im deutschen Profifußball.

Hoher Trainerverschleiß in Ostwestfalen

Ein Verein, der innerhalb von drei Jahren von der Bundes– bis in die Regionalliga durchgereicht wurde - Das gab es noch nie. Nach dem Abgang von Aufstiegscoach André Breitenreiter zum FC Schalke 04 im Jahre 2015, verpflichtete man den in Sachen Cheftrainer unerfahrenen Markus Gellhaus. Das Arbeitsverhältnis war allerdings nach elf Spielen und einem Schnitt von nur 0,91 Punkten schnell wieder vorbei. Stefan Effenberg übernahm den Verein auf Platz 16, schaffte es aber nicht, das eigens formulierte Ziel „Bundesligaaufstieg“ in die Tat umzusetzen. Nach einem halben Jahr war auch für den „Tiger“ Schluss in Paderborn, zu viel Aufregung gab es um seine Person, zu wenige Zähler holte der Verein – Effenbergs Punktschnitt war sogar noch schlechter als der von Vorgänger Gellhaus (0,80). Es folgten die angesprochenen Müller, Fulland und Emmerling, die es ebenfalls nicht schafften, den Verein in ruhige Gewässer zu steuern. Vielmehr stieg man mit Rene Müller sogar in die 3. Liga ab, wo man bis heute um seine Existenz im Profifußball kämpft. Insgesamt gab es sieben Trainer in den vergangenen zwei Jahren: Im deutschen Profifußball hat nur 1860 München in diesem Zeitraum mehr Übungsleiter entlassen. Der letzte Trumpf heißt nun Steffen Baumgart.

Die Psyche spielt nicht mit

Auf welche Werte es in dieser prekären Situation ankommt, weiß der 45-Jährige: "Fußball ist eine Kampfsportart. Wir müssen uns durchsetzen und beißen." Dass "die Mannschaft hohe Qualität besitzt", dessen ist sich Baumgart sicher. Da sie "diese aber nicht abrufen" konnte, muss er nun das Maximum aus seinen Spielern herauskitzeln.
Nach dem glücklichen Pokalerfolg gegen Sprockhövel kritisierte der Coach seine Mannschaft, „vier, fünf Fehler im Spiel“ seien einfach zu viel. Nahezu jeder schreibt Paderborn mindestens eine hohe Drittliga-Qualität zu. Allein das Team um Tim Sebastian bekommt das Potenzial nicht konstant abgerufen. Auch Präsident Finke tut sich schwer: „Ich hatte nach unserem Auswärtspunkt in Halle und dem Heimsieg gegen Frankfurt das Gefühl, dass wir auf dem richtigen Weg sind. Ich beobachtete einen leichten Anstieg unserer Formkurve. Doch das wurde in Aalen alles ad absurdum geführt“, sagte der 65-Jährige. „Ich habe noch nie eine Mannschaft erlebt, die ich so schlecht einschätzen kann. Wir bekommen einfach keine Kon­stanz in unser Spiel. Das liegt sicher auch an der Zusammenstellung. Die Mentalität passt nicht“, so Finke.
Nach dem Lotte-Spiel hat sich die Situation für die Ostwestfalen zwar etwas verbessert – brenzlig ist sie aber weiterhin. Will man noch von den Abstiegsplätzen springen, muss man sein Potenzial konstant in den letzten vier Spielen abrufen.

Im Fokus: Lukas Kruse

Einer der in der Situation vorangeht, ist Torhüter Lukas Kruse. Trotz der vielen Gegentreffer kommt der dienstälteste Profi des SCP (mit zweijähriger Unterbrechung seit 2002 im Profiteam) konstant an seine Leistung. Ausgerechnet der Schlussmann, werden viele Anhänger sagen, wurde dieser doch in den letzten Jahren von großen Teilen der Fans immer wieder kritisch beäugt. Lukas Kruse ist SCPler durch und durch: Geboren in Paderborn, spielte der 33-Jährige bereits in der Jugend für den Sportclub, ehe er nach sechs Profijahren zu Borussia Dortmund wechselte. Dort kam Kruse aber nicht über die Rolle des dritten Torwarts hinaus, weshalb es ihn nur ein halbes Jahr später zum FC Augsburg verschlug. Bei den bayrischen Schwaben wurde der Schlussmann in der Liga drei Mal eingesetzt. Kurz darauf ging es zurück an die Pader, wo Kruse seit 2011 durchgehend Stammspieler ist. Er gehörte zu den Aufstiegshelden der Saison 2013/2014, blieb auch nach dem Abstieg in Liga zwei und ist jetzt absoluter Leistungsträger in der 3. Liga. Trotz der stagnierenden sportlichen Entwicklung des Vereins blieb der Schlussmann dem SCP immer treu und liefert diese Saison eine solide Leistung nach der anderen ab. „Ich bin in Paderborn geboren, habe hier meine Wurzeln. Ich habe mit dem Verein viele Höhen und Tiefen erlebt, das schweißt zusammen“, sagt der 33-Jährige Schlussmann. Kruse ist ein absoluter Musterprofi, er habe „früh gelernt, bescheiden zu bleiben, weil es eben im Fußball oder generell im Leben schnell Veränderungen geben kann. Meine Gelassenheit hat mir während meiner Karriere sicherlich geholfen“. Kruse ist damit ein Anker in Paderborn, der weiß, wie schnell es runter, aber eben auch wieder aufwärts gehen kann. 

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