Fortunas schwere Aufgabe in Hessen - Der SV Wehen Wiesbaden im Gegnercheck
Vergangene Saison und aktuelle Lage:
Platz sechs, zehn Punkte und 7:2 Tore nach fünf Spielen. Der beste Saisonstart nach drei Jahren macht in der hessischen Landeshauptstadt Grund zur Freude. Das Team von Trainer Rüdiger Rehm ist in der heimischen BRITA-Arena noch ungeschlagen, gegen die beiden Aufsteiger aus Jena und Unterhaching gab es für die Hessen zu Hause zwei knappe 1:0-Siege. Im DFB-Pokal schlug der SVWW außerdem Zweitligist Erzgebirge Aue souverän mit 2:0 und fiebert jetzt dem Duell gegen den FC Schalke 04 entgegen.
Auffällig ist, dass die Wiesbadener sehr wenige Gegentore kassieren. Die defensive Stabilität ist unter Coach Rehm nach Hessen zurückgekehrt: In 21 Spielen seit seiner Amtsübernahme spielte der SVWW ganze 13 Mal zu Null. Besonders zu Hause ist Wiesbaden extrem abwehrstark und hat in der Folge in drei Pflichtheimspielen diese Saison noch keinen Gegentreffer kassiert.
Auch auswärts lief es zu Beginn mehr als ordentlich. Gegen den VfL Osnabrück (4:0) zeigten die Hessen, wie abschlussstark sie diese Saison sind, denn aus gefühlt vier Chancen erzielten sie ebenso viele Tore. Beim Karlsruher SC (1:2) führte man sogar und schlug sich am Ende quasi selbst. Es war die erste Pflichtspielniederlage seit zehn Spielen. Gegen Bremen II gab es ein 0:0, wobei auch hier die Wiesbadener in Person von Diawusie den Sieg in der Schlussphase auf dem Schlappen hatten.
Es wird also deutlich, dass mit dem SVWW diese Saison durchaus in der oberen Tabellenregion zu rechnen ist. Der Kader ist mit hochinteressanten Spielern bestückt. Kapitän David Blacha gehört zu den besten Offensivakteuren der Liga und bildet zusammen mit Mittelstürmer Manuel Schäffler ein extrem gefährliches Offensivduo. Torwart Markus Kolke gehört zu den Top-Schlussmännern der 3. Liga und hält im Verbund mit den beiden Verteidigern Sascha Mockenhaupt und Steven Ruprecht den Kasten dicht. Besonders der 1.96m große Ruprecht ist mit seiner enormen Zweikampf- und Kopfballstärke eine echte Bank in der hessischen Defensive. Die Neuzugänge wie Dittgen, Reddeman oder Diawusie sind hochtalentierte, entwicklungsfähige Spieler, die in Wiesbaden den nächsten Schritt machen sollen. Und dann ist da auch noch Alf Mintzel. Das Urgestein schnürt seit nunmehr sieben Jahre die Schuhe für den SVWW und ist auch mit seinen 35 Jahren noch einer der laufstärksten Spieler der 3. Liga.
Erfolgreiche Verjüngungskur
Man merkt also sehr schnell: Die Mischung aus jungen und erfahrenen Spielern stimmt in der Landeshauptstadt. Das Grundgerüst des Kaders aus der letzten Saison ist den Wiesbadenern zum großen Teil erhalten geblieben. Leistungsträger wie Marc Lorenz oder Luca Schnellbacher haben den Verein zwar verlassen. Spieler wie Stephen Andrist, Max Dittgen oder Moritzn Kuhn sind aber durchaus in der Lage, die abgewanderten Leistungsträger adäquat zu ersetzen. Der Schweizer Andrist kam vor der Saison aus Rostock und erzielte in den letzten zwei Jahren insgesamt 18 Tore. Er soll mit seiner Schnelligkeit und seinem Zug zum Tor das Offensivspiel der Hessen weiter beleben. Moritz Kuhn kam vom SV Sandhausen, ist auf der rechten Seite variabel einsetzbar und absolvierte für den SVS 38 Zweitligapartien. Maximilian Dittgen ist ebenso auf dem Flügel beheimatet und besitzt mit seinen 22 Jahren ein noch großes Entwicklungspotential. Außerdem sammelte Dittgen mit dem 1. FC Kaiserslautern und dem 1. FC Nürnberg bereits Zweitligaerfahrung. Er absolvierte über 40 Spiele für diverse U-Nationalmannschaften und arbeitete, ebenso wie Neuzugang Moritz Kuhn, schon in Großaspach mit Trainer Rehm zusammen. Spieler wie Diawusie und Reddeman genossen in der Akademie von RB Leipzig eine der besten Ausbildungen der Republik. Während man in der Vergangenheit oft auf große Namen wie Schindler oder Lorenz setzte, wurde diese Transferperiode besonders auf junge, talentierte Akteure geachtet. Deutlich wird dies, wenn man den Altersdurchschnitt der Abgänge (25 Jahre) und Neuzugänge (21,1 Jahre) miteinander vergleicht.
Erfolgsgarant Rüdiger Rehm
Großen Verdienst am Wehener Aufschwung hat der Trainer der Hessen. Normalerweise soll in einer Mannschaftssportart keine Einzelpersonen hervorgehoben werden. Ist der Erfolg aber so eng mit der Amtsübernahme eines Trainers verbunden, dann muss man das tun. Genau das ist in Wiesbaden der Fall. Denn Rüdiger Rehm hat seine Mannschaft innerhalb kürzester Zeit von einem Abstiegskandidaten zu einer echten Spitzenmannschaft geformt. Die Wiesbadener spielten vergangenes Jahr nämlich eine Hinrunde zum Vergessen: Nur 20 Punkte hatte der SVWW nach den ersten 19 Spielen auf dem Konto. Unter dem damaligen Trainer Thorsten Fröhling sammelten die Hessen nur 1,13 Punkte pro Spiel. Durch die Amtsübernahme von Rehm veränderte sich die Spielweise enorm. Die Defensive wurde gestärkt, in der Folge gewannen die Landeshauptstädter die ersten vier Partien unter der Leitung ihres neuen Trainers. Insgesamt neun Siege aus den letzten 16 Spielen holte der SVWW unter Rehm, dazu kamen vier Unentschieden und nur drei Niederlagen. Unter Rehm gelang den Hessen der Sprung vom 18. Platz auf den schlussendlich 7. Tabellenplatz. Punkteschnitt? Über zwei Punkte pro Spiel. Ein souveräner Klassenerhalt war die Folge. Diese Erfolgsserie soll, wenn möglich, auch gegen die Fortuna weitergehen. Im letzten Aufeinandertreffen der beiden Vereine trennte man sich mit einem 0:0-Unentschieden. Es war das letzte Spiel vor der Amtsübernahme von Rüdiger Rehm im vergangenen Jahr. Der 38-Jährige tritt zum ersten Mal mit den Hessen gegen die Fortuna an. Mit denen hat er allerdings auch vorher schon gute Erfahrungen gemacht. Denn mit seinem Ex-Verein, der Sonnenhof Großaspach, verlor Rehm kein einziges Spiel gegen die Südstädter: Bei drei Begegnungen gewann der Coach eine und trennte sich zwei Mal Remis.
Im Fokus: Sascha Mockenhaupt
Sascha Mockenhaupt ist ein Typ Spieler, wie er von jedem Trainer geschätzt wird. Der 25-Jährige ist defensiv variabel einsetzbar, körperlich sehr robust und für seine Größe mit einer gewissen Geschwindigkeit versehen. Nicht umsonst stand der Verteidiger bei allen Pflichtspielen in dieser Saison in der Startelf: Mockenhaupt ist aus der ersten Elf der Hessen momentan nicht wegzudenken.
Ausgebildet wurde der heute 25-Jährige in der Jugend von Bayer Leverkusen. 2012 wechselte er von dort in die Jugend des 1.FC Kaiserslautern. Auf dem Betzenberg schaffte der Defensivspieler den Sprung in den Profifußball und stand in jungen Jahren mehrmals im Zweitligakader der Lauterer. Anschließend ging es für Mockenhaupt zum VfR Aalen. Dort blieb er aber nur eine Saison, denn nach dem Abstieg der Mannschaft von der Ostalb ging es für ihn zurück zum 1.FC Kaiserslautern. Insgesamt 44 Zweitligaspiele absolvierte er für den VfR und 1. FCK.
Nach nur einem Jahr auf dem Betzenberg wechselte Mockenhaupt nach Norwegen, obwohl die Wiesbadener wohl schon damals am 1.87m großen Abwehrrecken interessiert waren. Beim FK Bodö/Glimt avancierte der 25-Jährige schnell zum Leistungsträger, wurde nach seinem ersten Spiel bereits zum „Man of the Match“ gewählt und überzeugte in der Folge mit starken Leistungen. Trotzdem verlängerte er seinen im Dezember auslaufenden Vertrag in Norwegen nicht und wechselte zurück nach Deutschland. Das hatte wohl vor allem private Gründe: „Ich hatte schnell das Gefühl, dass wir gemeinsam hier etwas bewegen können“, sagte Mockenhaupt nach seiner Vorstellung in der BRITA-Arena. „Und ich möchte dabei eine gute Rolle spielen. Dass 80 Kilometer von Wiesbaden entfernt meine Heimat liegt und ich im Sommer mein erstes Kind erwarte, kommt noch positiv hinzu. Es passt einfach alles".
Das merkt man auch auf dem Platz. Mockenhaupt scheint sich in der hessischen Landeshauptstadt rundum wohlzufühlen. Er verpasste in dieser Saison noch keine einzige Pflichtspielminute und ist einer der Gründe, warum es defensiv so gut läuft beim SVWW. Mit dem 25-Jährigen in der Startelf sammelten die Hessen im Schnitt knapp über zwei Punkte. Gegen die Fortuna will er in der heimischen BRITA-Arena zusammen mit seinen Teamkollegen erneut die Null halten und mit einem Sieg mit den Südstädtern punktemäßig gleichziehen.