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„Die Fortuna hat sehr an Beliebtheit gewonnen“

Fortuna-Präsident Hanns-Jörg Westendorf (l.) und Geschäftsführer Niklas Müller (r.) im Doppelinterview.

Geschäftsführer Niklas Müller und Präsident Hanns-Jörg Westendorf äußern sich im Doppelinterview zur sportlichen und wirtschaftlichen Situation des S.C. Fortuna.

Wie ist die Stimmungslage nach dem 2:0-Erfolg zum Saisonauftakt gegen den SV Rödinghausen?

Hanns-Jörg Westendorf: Das war ein Saisonauftakt nach Maß. Wir waren im wahrsten Sinne des Wortes glücklich im Regen. Die Mannschaft hat nach einer verhaltenen ersten halben Stunde gut ins Spiel gefunden. Ich war rundum zufrieden mit der Leistung, die wir da abgeliefert haben. Ich war auch positiv überrascht vom guten Zuschauerzuspruch, trotz des wirklich schlechten Wetters. Das hätten wir uns vorher nicht besser ausmalen können.“

Ist die Mannschaft schon zu einem Team zusammengewachsen?

Westendorf: „Im letzten Jahr haben wir die Saison leider ein wenig austrudeln lassen. Vor allem die Pokalniederlage gegen Düren war schmerzhaft. Da herrschte intern auch eine gewisse Unruhe. Derzeit, auch nach dem Teamevent bei Buddy Bash, habe ich den Eindruck, die Stimmung insgesamt ist gut.“

Müller: „Es ist eine sehr junge Mannschaft. Man merkt, dass sich die Spieler wohl fühlen. Adrian Stanilewicz ist zum Beispiel mit seinen 24 Jahren schon einer der Älteren. Das ist ungewöhnlich, kann aber auch zu einem sehr guten Zusammenhalt führen. Generell kann ich bisher aus der Kabine nur Positives berichten, die Mannschaft hat einen sehr guten Charakter.“

Kann man für den Saisonverlauf schon eine Prognose wagen?

Westendorf: „Als wir vor zwei Jahren das Blitzturnier in Monheim gewonnen haben, sagte ich, ich hoffe, das bleibt nicht der einzige Pokal. Es ist der einzige geblieben. In der Meisterschaft sind wir nach einem sauschlechten Saisonstart unter ferner liefen eingelaufen und im Pokal in Hürth ausgeschieden. Die Liga ist mittlerweile insgesamt auch wirtschaftlich unter Druck geraten. Oberhausen, Wuppertal und auch wir mussten den Etat runterschrauben. Jetzt ist der MSV Duisburg hinzugekommen, der sicher andere Mittel zur Verfügung hat. Hinzu kommen die schwer einzuschätzenden Reserveteams. Ich sehe uns in einer guten Position, aber keinesfalls als Meisterschaftsfavorit. Vieles hängt vom Saisonstart ab. Sollte uns dieser gelingen, würde ich mir wünschen, dass wir es am Ende nicht wieder so abschenken.“ 

Müller: „Unser Start ist vom Programm her anspruchsvoll. Mit Rödinghausen hatten wir direkt einen starken Gegner zu Hause. Bocholt wünscht man sich auch nicht als erstes Auswärtsspiel. Aber, danach wissen wir zumindest, wo wir stehen.“

Wo ordnet sich die Fortuna vom Etat her in der Liga ein?

Westendorf: „Ich klammere die U-Teams mal aus. Ich sehe uns irgendwo im Mittelfeld. Hinzu kommt, wir konzentrieren uns ja nicht nur auf die erste Mannschaft. Wir haben eine U23 in der Oberliga, die wir versuchen zu halten. Im letzten Jahr hat uns dieses Gebilde ein Stück weit geholfen, zum einen haben wir unsere beiden Torhüter Felix Buer und Lennart Winkler dadurch über Spielpraxis heranführen können. Zum anderen hatten wir einen Younes Derbali, der am Ende Stammspieler in der Regionalliga war. Das ist Sinn und Zweck der Sache, die Eigengewächse zu entwickeln. Die Hoffnung dabei ist auch, dass einer mal richtig durch die Decke geht. Die Breite in unserem Kader bekommen wir durch den Unterbau. Aktuell sind es Spieler wie Salim Hadouchi, Max Wiese, Lennart Stollenwerk oder Abdul Bance. Sieben, acht Mann im Kader kommen aus unserer eigenen Jugend. 

Wie empfindet ihr generell die wirtschaftliche Lage eurer Sponsoren?

Westendorf: „Zunächst einmal möchte ich betonen, dass sich die Vorstandsmitglieder in der Hinsicht stark engagieren, sie fangen viele Dinge auf. In den Gesprächen merkt man, dass sich die wirtschaftliche Gesamtlage auch auf die Zahlungsbereitschaft unserer Sponsoren auswirkt. Manche könnten es sich erlauben, sagen aber, ich muss trotzdem sparen, andere können es sich eben in bestimmten Branchen nicht mehr erlauben. Die Sponsoren sind immer noch unser Rückgrat, aber, es wird immer schwieriger, sie zu motivieren. Das hat gar nicht mal mit der Ligazugehörigkeit zu tun. Die Grundstimmung in Deutschland ist momentan sehr schlecht.“

Müller: „Deswegen versuchen wir auch bei den Sponsoren seit eineinhalb Jahren verstärkt eine Emotionalität für die Fortuna zu entwickeln. Das ist uns ein Stück weit gelungen. Viele Partner unterstützen uns weiter unabhängig von einer Liga-Zugehörigkeit, weil sie unser Projekt unterstützen wollen. Das ist eine kleinteilige Arbeit, diese verringert aber auch unser Risiko, wenn mal ein Sponsor ausfällt. Derzeit ist es für uns zu meistern.“

Beim Thema Zuschauer, Merchandising und Ticketverkauf gibt es durchweg positives zu berichten…

Westendorf: „Als wir im Jahr 2014 in die 3. Liga aufgestiegen sind, hatten wir als Meister einen Schnitt von 1.100 Zuschauern. Letztes Jahr hatten wir mit den Sponsoren gedeckten Studenten-Aktionen durchschnittlich 2.600 Besucher. Das sorgt für eine andere Kulisse im Südstadion und für eine bessere Stimmung.“

Müller: „Die Zuschauerzahlen, die Zahl der Dauerkarten und der Merchandising-Verkauf, das ist alles stark angestiegen. Beim Merchandising hatten wir beispielsweise unser gestecktes Ziel sechs Monate vorher erreicht. Wenn wir die VIP-Dauerkarten dazu nehmen, werden wir dieses Jahr bei zirka 700 Dauerkarten landen. Die Fortuna hat sehr an Beliebtheit gewonnen. Im Vergleich zur Viktoria ist unsere erreichte Reichweite im Bereich Social Media deutlich höher. Auch unser Marketing über LinkedIn läuft gut. Das sind alles Dinge, die funktionieren. Langfristig ist das im Zusammenspiel mit dem Sponsoring der richtige Weg.“

Das VIP-Zelt ist in der Liga in der Form auch ein besonderes Aushängeschild… 

Westendorf: „Es hat einen hohen Stellenwert für uns. Die Gelder, die die VIPs zahlen, sind für uns enorm wichtig, gerade weil uns auch die Fernseheinnahmen fehlen. Der Anteil liegt bei über 50 Prozent im Verhältnis zu den übrigen Einnahmen. 

Müller: „Leider hat der WDFV beschlossen die Übertragung über Sporttotal zurückzufahren und die bisher per Hand gesteuerte Kamera, außer bei Topspielen, nur noch über KI zu steuern. Das ist für mich ein Rückschritt in punkto Vermarktung der Liga. Umso wichtiger ist es, dass wir im Stadion ein gutes Erlebnis bieten können.“

Wo seht ihr die Fortuna in zehn Jahren?

Westendorf: „Vom Selbstverständnis sieht sich die Fortuna nicht in der Regionalliga. Auf der anderen Seite sind die Zeiten mit Jean „Schäng“ Löring auch schon 25 Jahre her. Natürlich wollen wir aus dieser vierten Liga raus. Mit dem jetzigen Etat können wir aber nicht so vermessen sein, zu sagen, damit steigen wir auf, da müsste schon eine gehörige Portion glückliche Fügung dazukommen. Es sollte aber dennoch unser Anspruch sein. In den letzten Jahren gab es mit Münster, Essen und Aachen immer eine Übermannschaft. Diese Saison hast du den MSV Duisburg.  

Gibt es in Bezug auf eine Verbesserung der Infrastruktur Bewegung?

„Das ist eher ein Schneckenrennen. Machen wir es mal an dem Beispiel Geschäftsstelle fest. Damals hatten wir dafür Zuschüsse beantragt. Mir sagte in dem Zusammenhang ein Herr des Stadtentwicklungsamtes, der mit am Tisch saß, machen sie doch sowas nicht, denken sie an die Parkstadt Süd. In zwei Jahren haben wir hier neu gebaut. Dann wird ihre schicke Geschäftsstelle mitsamt einer Vereinskneipe in die neue Sporthalle integriert. Das war 2015, jetzt haben wir 2024, was ist passiert? Nichts! Der Weg ist eher das Ziel. Mit einer Vorlaufzeit von zehn Jahren kann ein Fußballverein nicht leben, er lebt im Hier und Jetzt. Das geht dem FC genauso. In der Stadt sieht man generell kein Vorwärtskommen. Wir wollten unter anderem unseren Ascheplatz in einen Kunstrasenplatz umwandeln. Zuschüsse hätten wir aber nur bekommen, wenn die Anlage 15 Jahre existiert hätte. Somit funktionierte das auch nicht. Wir sind gefangen in Ideen.“

Gibt es keine kurzfristigen Möglichkeiten?

Müller: „Wir haben gerade den Bauantrag für ein Dach über Stehplatz Mitte bei der Kölner Sportstätten GmbH eingereicht. Die entsprechenden Gutachten haben wir bereits erstellen lassen. Es gibt Konzepte, wie man das finanzieren könnte. Die UEFA fördert im Rahmen der Europameisterschaft Nachhaltigkeitsprojekte. Die Fläche könnte für Solarenergie genutzt werden. Es gibt verschiedene Anbieter, die Interesse hätten, das langfristig zu nutzen. Wir hätten einen grünen Fortuna-Spieltag, sämtliche Energie könnte sogar im Winter produziert werden und unsere Zuschauer stünden bei Regen endlich im Trockenen. Dann hätten wir zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen. Ein Dach wäre ein Riesenschritt nach vorne für eine Verbesserung der Infrastruktur.“

 

 

 

 

 

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