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Aufstiegsaspirant ohne Aufstiegschance - Der FSV Zwickau im Gegnercheck

Fotograf: Florian Fischer

Hätte jemand nach der Hinrunde gesagt, dass der FSV Zwickau fünf Spieltage vor Schluss um den Aufstieg in Liga 2 mitspielen würde, so hätte man ihn wohl für verrückt erklärt. Aus dem Konjunktiv ist inzwischen aber Realität geworden: Der FSV spielt eine Rückrunde, die im deutschen Profifußball momentan ihresgleichen sucht. Anstelle des Durchmarschs von der Regionalliga in die 2. Bundesliga hat man trotzdem notgedrungen ein anderes Saisonziel.

Aktuelle Lage

Der FSV Zwickau ist die Überraschungsmannschaft der diesjährigen Drittligasaison. Dabei sah es kurz vor Weihnachten noch alles andere als rosig für die Männer um Topstürmer Ronny König aus: Nach dem 1:1 gegen den MSV Duisburg beendeten die Sachsen eine desolate Hinrunde. 17 Punkte aus 19 Spielen, der vorletzte Platz und vier Punkte Rückstand auf das rettende Ufer waren die Folge. Doch nur vier Monate später ist der Abstieg kein Thema mehr. 32 Punkte und erster in der Rückrundentabelle, acht der vergangenen zehn Spiele gewonnen: Der FSV Zwickau hat einen Lauf. So ist man nicht nur in der 3. Liga das beste Team der Rückserie, sondern im gesamten Profifußball – Mit einem Schnitt von 2.28 Punkten übertreffen die Sachsen sogar den FC Bayern München (2.25). Da lässt sich die Mannschaft um Trainer Ziegner auch durch die überraschende Auswärtsniederlage in Lotte (1:2) nicht aus der Bahn bringen: „Mitte der ersten Halbzeit haben wir dann das 1:0 geschossen, danach aber aufgehört, aktiv zu bleiben. Dann ist das Spiel gekippt. Uns wirft die Niederlage nicht um."
Dass Niederlagen die Sachsen nicht umwerfen, haben sie diese Saison bereits zu Genüge bewiesen. Nach der 0:3-Niederlage gegen den SV Wehen Wiesbaden am 23. Spieltag starteten die Zwickauer die Serie von neun ungeschlagenen Spielen. Grund dafür ist auch die inzwischen sichere Defensive um Kapitän Wachsmuth und die Offensive mit den erfahrenen Robert Koch und Ronny König. Gerade König spielt eine starke Saison, ist der Topscorer bei den Sachsen (12 Tore, drei Vorlagen). Zwickau scheint sehr gefestigt in den Saisonendspurt zu gehen. Doch den ganz großen Wurf wird es für den FSV nicht geben – ganz egal, wie viele Punkte der Aufsteiger bis zum Saisonschluss noch sammelt.

Die Lizenz fehlt – DFB-Pokal das Ziel

Als einer von vier Drittligisten hat der FSV Zwickau die Lizenz für die zweite Liga nicht beantragt. Hintergrund war die schwache Hinrunde und die ohnehin angespannte finanzielle Situation – zurecht, wie Sportdirektor David Wagner sagt: „Wir haben uns aus wirtschaftlichen, aber auch sportlichen Gründen dagegen entschieden“, sagte der Sportdirektor. „Unser Fokus lag auf dem Klassenerhalt. Für diesen mussten wir alle Kräfte bündeln.“
Und doch muss die Frage nach dem „was wäre wenn…“ gestellt werden. Denn in der Zweiten Liga hätte der Klub viel Geld verdienen können. So bekamen beispielsweise die Würzburger Kickers Medienberichten zufolge nach ihrem Aufstieg 5,3 Millionen Euro an TV-Geldern.
Beschweren möchte sich aber auch auf Seiten der Spieler niemand. Die Entscheidung sei vollkommen richtig gewesen, schlussendlich sei man auf Grund der schlechten Hinrunde selbst für die momentane Situation verantwortlich: „Der Antrag hätte viel Geld gekostet. Und zum damaligen Zeitpunkt als Vorletzter wäre das Harakiri gewesen. Wir beklagen uns nicht und holen jetzt das Maximum raus“, sagt Abwehrspieler Jonas Acquistapace.
Und dieses Maximum ist für den Verein extrem wichtig – denn es gibt den Spielern ein sportliches Ziel: Den DFB-Pokal. Mit dem vierten Platz wären die Zwickauer automatisch für den Wettbewerb qualifiziert. Nach der Niederlage unter der Woche im Pokalhalbfinale beim Chemnitzer FC ist dies für den FSV umso wichtiger. Neben der verdienten großen Fußballbühne würde der Verein finanziell profitieren. Erst im Winter plagte Zwickau wegen fehlender Sponsoreneinnahmen und Schulden aus der vergangenen Regionalliga-Saison ein Schuldenberg von 400.000 Euro – für einen ohnehin klammen Drittligisten eine Menge Geld. Bereits ein Benefizspiel gegen Dynamo Dresden spülte dem FSV im März einen fünfstelligen Betrag in die Kassen. Ein Heimspiel gegen einen höherklassigen Gegner wäre definitiv eine finanzielle Chance.

Fortuna führt Bilanz deutlich an

Die Südstädter sind so etwas wie der Angstgegner der Sachsen: Von neun Partien konnte der FSV erst eine für sich entscheiden. Der Sieg liegt allerdings schon eine ganze Weile zurück: In der Saison 96/97 gewann Zwickau die Partie mit 2:0. Drei Mal trennte man sich unentschieden, die Fortuna gewann fünf Begegnungen – Tore von Oliveria Souza und Dahmani reichten der Fortuna im Hinspiel zum Sieg. Übrigens: Es ist erst das zweite Duell der beiden Vereine in der 3. Liga. Alle anderen Begegnungen fanden zuvor in der 2. Liga statt.

Bestes Rückrundenteam im deutschen Profifußball

Der FSV Zwickau ist Tabellenführer – noch vor dem FC Bayern München. Keiner hätte geglaubt, dass dieser Satz eines Tages der Wahrheit entsprechen würde. Aber genauso ist es. Der FSV ist das beste Team der Rückrunde – nicht nur in der 3. Liga, sondern im gesamten deutschen Profifußball. Mit 32 Zählern aus 14 Spielen und einem Schnitt von 2.28 Punkten übertreffen die Sachsen sogar den Rekordmeister (Schnitt: 2.25). Das ist kein Zufall. Eine inzwischen stabile Defensive und eine effiziente Offensive sorgen für eine gute Balance im Team. Nach Aufhebung der Transfersperre, die auf Grund von zuvor nicht erfüllten Lizenzauflagen ausgesprochen wurde, tätigten die Verantwortlichen im Winter kluge Einkäufe, die definitiv zu dem jetzigen Aufwärtstrend beigetragen haben. Dazu gehört Robert Koch, dem zwei Tore und zwei Vorlagen gelangen und der auf dem Feld vorangeht. 

Im Fokus: Ronny König

Ronny König hat schon viel erlebt: Mit Wiesbaden, Oberhausen, Aue und Darmstadt absolvierte der 33-Jährige 220 Zweitliga-Partien (43 Tore, 18 Vorlagen), ist damit einer der erfahrensten Kicker der 3. Liga. König ist ein waschechter Strafraumstürmer – gerade deshalb passt es zwischen ihm und dem FSV so gut. Denn Zwickaus Offensivspiel kommt oft über die Flügel, weshalb man einen großgewachsenen, kopfballstarken Mittelstürmer braucht. Sieben seiner zwölf Saisontore erzielte der 1,90m Stürmer per Kopf. Auch unter der Woche köpfte er in Chemnitz den zwischenzeitlichen Ausgleich. „Ein solcher Spieler hatte in unserem Kader noch gefehlt“, sagte Trainer Ziegner nach Königs Verpflichtung – er sollte Recht behalten. Bereits 12 Saisontore hat der 33-Jährige auf dem Konto, mit alleine sechs Treffern in den vergangenen zehn Spielen hatte er einen großen Anteil an der beeindruckenden Rückrunde der Sachsen. König fühlt sich beim FSV wohl: „Es ist eine super Truppe und ich bin gut aufgenommen worden. Ich merke gar nicht, dass ich neu hier bin. Der Teamgeist stimmt einfach“. Daran erkennt man wieder, wie wichtig das Vertrauen des Trainers für einen Spieler sein kann. Denn beim Chemnitzer FC kam Königs Stärke kaum zur Geltung, der 33-Jährige machte nur acht Partien von Anfang an – laut ihm auch eine Sache des Spielsystems, welches nicht auf ihn zugeschnitten war. Dass König nach wie vor Leistung bringen kann, stellt er diese Saison momentan eindrucksvoll unter Beweis. Der Mittelstürmer scheint seine sportliche Heimat in Zwickau gefunden zu haben. 

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